Entwicklung der Sportvereine

Die Corona Pandemie hat große Auswirkungen auf die Sportvereine gehabt, mit welchen die Vereine auch jetzt noch zu kämpfen haben.

Boris Schmidt, Vorstandsvorsitzender Freiburger Kreis

Herr Schmidt, in ihrer Funktion als Vorsitzender des Freiburger Kreis haben Sie es täglich mit Großsportvereinen zu tun. Wie beurteilen Sie die allgemeine Entwicklung der Sportvereine in den letzten Jahren?

Ein Großteil der Sportvereine sind wieder auf dem Mitgliederniveau wie vor der Pandemie. Im Kinderbereich sogar größtenteils darüber. Trotzdem hat die Corona Pandemie große Auswirkungen auf die Sportvereine gehabt, mit welchen die Vereine auch jetzt noch zu kämpfen haben. Ein Teil der ehrenamtlich tätigen Personen in den Sportvereinen ist weggebrochen. Übungsleiter und Trainer, welche freiberuflich tätig waren, haben sich eine andere Tätigkeit gesucht und stehen nicht mehr zur Verfügung. Die Energiekrise trifft die Großsportvereine deutlich stärker als die mittleren und kleineren Vereine, da die Großsportvereine fast alle vereinseigene Sportstätten vorhalten und damit auch bewirtschaften müssen. Und auch die Inflation mit deutlichen Steigerungen im Lohn- und Gehaltsbereich trifft die Großsportvereine stärker als die mittleren und kleineren Vereine, da hier viele hauptamtlich Beschäftigte vorgehalten werden.

Was sind derzeit die größten Herausforderungen mit denen Sportvereine in Deutschland zu kämpfen haben?

Hier muss man klar zwischen den Sportvereinen differenzieren, welche eigene Sportanlagen vorhalten und hauptamtliches Personal beschäftigen, da diese Vereine dafür sorgen müssen, dass die finanziellen Rahmenbedingungen für den Unterhalt dieser Sportstätten und die Bezahlung des hauptamtlichen Personals gesichert werden müssen. Dieses werden die Vereine nicht alleine schaffen. Hier muss auch über die Erhöhung der Zuschüsse der öffentlichen Hand nachgedacht werden, wenn die Großsportvereine weiterhin das Angebot vorhalten sollen, welches in der Vergangenheit vorgehalten wurde.

Vereine des Freiburger Kreis zeichnen sich neben ihrer Größe vor allem durch vereinseigene Sportstätten aus. Welche Bedeutung haben diese für ihre Mitgliedsvereine?

Die vereinseigenen Sportstätten haben eine sehr große Bedeutung für unsere Mitgliedsvereine, da hier in erster Linie Sportstätten für die Mitglieder vorgehalten werden, welche von der öffentlichen Hand nicht gebaut werden und welche aufgrund der Einführung der Ganztagsschule in allen Bundesländern, spätestens im Jahre 2026, notwendig sind, um bestimmten Personengruppen auch weiterhin ein Sport- und Bewegungsangebot anzubieten. Die Einführung der Ganztagsschule führt dazu, dass die staatlichen Sportstätten erst nach 17.00 Uhr den Vereinen zur Verfügung stehen werden, da vorher Ganztagsschulangebote im sportlichen Bereich diese Sportstätten .nutzen werden.

Wie würde Sie die aktuelle Situation der Sportstätten in Deutschland beschreiben?

Es ist hinlänglich bekannt, dass wir einen Investitionsund Sanierungsstau bei den Sportstätten in Deutschland in Höhe von ca. 31 Milliarden Euro haben. Daher kann man sicherlich nicht von einer guten Situation bezogen auf die Sportstätten in Deutschland sprechen. Hier sollte ja auch ein „neuer“ Goldener Plan ins Leben gerufen werden, welcher durch die Corona Pandemie dann wieder vom Tisch war. Hier muss jedoch dringend etwas passieren.

Was sind die größten Herausforderungen, denen Großsportvereine in Bezug auf die Instandhaltung und Verbesserung ihrer Sportstätten gegenüberstehen?

Die energetische Sanierung und Instandhaltung sowie Verbesserung der Sportstätten von Großsportvereinen kann grundsätzlich aufgrund der Beitragsstruktur der Sportvereine nicht aus dem laufenden Haushalt finanziert werden. Daher müssen die Großsportvereine Ihre Beitragsstruktur anpassen. Dies alleine wird aber nicht ausreichen, zumal auch die Energiekosten nicht wieder auf das Niveau von vor der Energiekrise zurückfallen werden, da der Klimawandel unter anderem natürlich zu einer Umstellung von fossilen Energien auf erneuerbare Energien zwingend führen wird. Und hier bedarf es weiterer Unterstützung der öffentlichen Hand.

Welche Rolle spielen öffentliche Fördermittel bei der Finanzierung von Sportstätten und ihrer Modernisierung?

Den öffentlichen Fördermitteln kommt eine immer größere Bedeutung zu, da die Vereine ohne eine Erhöhung dieser Fördermittel die Modernisierung nicht zügig vorantreiben können. Und wir sehen ja, dass wir hier deutlich schneller agieren müssen, als dieses bisher der Fall war.

Wie beurteilen Sie die Fördermittellandschaft für Sportstättenbau derzeit? Gibt es aus Ihrer Sicht einen guten Zugang zu Fördermitteln für Sportvereine, oder sehen Sie hier Verbesserungsbedarf?

Hier sehe ich einen erheblichen Verbesserungsbedarf. Die Mittel, welche von Kommunen und Bundesländern hierfür Interview mit Boris Schmidt, Freiburger Kreis Entwicklung der Sportvereine zur Verfügung gestellt werden, sind sehr unterschiedlich in der Höhe. Die Programme dementsprechend ebenso. Der Bund hat in der Vergangenheit die Sportvereine in der Regel von seinen Fördertöpfen ausgeschlossen. Hier müssen Fördertöpfe des Bundes künftig nicht nur den Kommunen zur Verfügung stehen, sondern diese müssen auch für die Sportvereine unbürokratisch geöffnet werden. Dies hätte den Vorteil, dass wir deutlich mehr Geld in die energetische Sanierung und Modernisierung, aber auch in den Neubau von Sportstätten bekommen, da die Sportvereine natürlich auch einen nicht unerheblichen Teil an Eigengeld mit einbringen würden, was die Kommunen nicht tun, da hier grundsätzlich alle Gelder, egal aus welchen Töpfen sie kommen, Steuergelder sind.

Wenn Sie sich ein Fördermittel-Programm für Sportstättenbau wünschen könnten, wie würde es aussehen?

Wir wünschen uns ein Förderprogramm des Bundes, welches 50 % der Investition im Sportstättenbau bei den Sportvereinen übernimmt. Die anderen 50 % müssen dann die Sportvereine aus Mitteln der Bundesländer, der Kommunen und aus Eigenmitteln bestreiten. Hierbei wäre es auch vertretbar, dass es keine Vollfinanzierung geben dürfte. Ein Eigenanteil von 10 % könnte zum Beispiel festgeschrieben werden.

Im Rahmen des Bewegungsgipfel der Bundesregierung im vergangenen Dezember wurde die Erarbeitung eines Entwicklungsplan Sport beschlossen. Wie ist der Freiburger Kreis hieran beteiligt und welche Aspekte bringen Sie in die Diskussion mit ein?

Der Freiburger Kreis wurde vom DOSB in eine der fünf Arbeitsgruppen berufen und wird dort in der Arbeitsgruppe 3 Die gesellschaftliche Kraft des Sports stärken vertreten. Hier werden meinerseits natürlich die Interessen der Großsportvereine vertreten und dafür geworben, vor allem offen zu sein, für neue Wege und vor allem für Veränderungen jeglicher Art. Denn der organisierte Sport ist für die Gesellschaft aus meiner Sicht lebensnotwendig und der Stellenwert wird viel zu niedrig bzgl. der öffentlichen Unterstützung eingestuft.

Nachhaltigkeit ist ein zentrales Thema des gesellschaftlichen Diskurses. Welche Initiativen gibt es, um die Nachhaltigkeit von Sportstätten zu verbessern?

Das Thema Nachhaltigkeit wird auch den Sport und die Sportvereine immer stärker betreffen. Der Freiburger Kreis hat in den letzten Jahren bereits mehrere Seminare zum Thema Klimawandel und Nachhaltigkeit (CSR) durchgeführt und es betrifft die Vereine in allen ihren Facetten. Niemand wird sich diesem Thema künftig mehr verschließen können. Daher gibt es eine Reihe von Initiativen der Großsportvereine zu diesem Thema.

Die Mitgliedsvereine des Freiburger Kreises stehen gerade für zentrale Themen des gesellschaftlichen Diskurses. Die Sportentwicklung in den vergangenen Jahren und auch künftig, findet in erster Linie in den Großsportvereinen in Deutschland statt.

Wie können Sportstätten nachhaltiger gestaltet werden, sowohl in Bezug auf ihre Konstruktion als auch auf ihren Betrieb?

Ich bin kein Fachmann für nachhaltigen Sportstättenbau, aber hier gibt es ja zahlreiche Fachleute, welche sich hiermit beschäftigen. Für den Sportstättenbau gelten aus meiner Sicht ähnliche Möglichkeiten wie für den Wohnungsbau, schlechthin für den Bau insgesamt. Da Sportstätten meistens auch größere Flächen in Anspruch nehmen, können hier, wenn das Baurecht es zulässt (ggfs. muss es eben angepasst und geändert werden) sicherlich gerade Dachflächen für Solar- und Photovoltaik-Technik genutzt werden. Auch können Sportflächen auf Dächern entstehen und der öffentliche Raum in Parks könnte stärker für Bewegungsinfrastruktur genutzt werden, welche von Sportvereinen betreut wird.

Können Sie uns Beispiele für erfolgreiche Projekte zur Nachhaltigkeit im Sportstättenbau nennen?

Naja, bzgl. Solar- und Photovoltaik-Technik habe ich ja schon etwas gesagt. Hier geht es vor allem nicht nur um den Neubau, sondern auch um vorhandene Sportstätten. Im Bereich auf die Beleuchtung in und auf Sportstätten sind tausende von Sportvereinen seit Jahren aktiv, da zum Beispiel auf LED-Beleuchtung umgestellt wird. Nachhaltiger Sportstättenbau ist bei Neubauten eine Selbstverständlichkeit, zumal es ohne dieses auch gar keine Fördermittel mehr gibt, bzw. in Zukunft geben wird.

Welche Maßnahmen werden ergriffen, um sicherzustellen, dass Sportstätten für alle zugänglich sind, einschließlich Menschen mit körperlichen und geistigen Behinderungen?

Aus meiner Sicht ist es unrealistisch, dass alle Sportstätten für alle zugänglich gemacht werden, da dieses finanziell nicht umsetzbar ist. Aber eine Kommune muss schauen, dass es in jedem Quartier, bzw. in einem gewissen Einzugsbereich Sportstätten gibt, welche tatsächlich für alle Menschen zugänglich sind. Hier muss deutlich mehr gemacht werden, als dieses in der Vergangenheit der Fall war. In Hamburg z. B. ist es Ziel, dass mindestens eine Sporthalle in jedem Bezirk für alle Menschen im Zuge der Inklusion so ausgestattet wird, dass sie auch für alle nutzbar ist.

Boris Schmidt
Vorstandsvorsitzender
Freiburger Kreis