Die Bewegungskrise

Kinder und Jugendliche sind nicht erst seit Corona im Krisenmodus. Mit der Pandemie hat zudem die psychische Gesundheit der Kinder, auch aufgrund sozialer Isolation und dem Wegfall des Sportangebotes, sehr stark gelitten. Das alles findet vor dem Hintergrund steigender Digitalisierung und der damit steigenden Online-Zeiten von Kindern und Jugendlichen statt.

Kinder und Jugendliche befinden sich in einer „Bewegungskrise“. Im aktuellen Länderprofil für Deutschland kommt die WHO zum Ergebnis, dass 88% der weiblichen und 80% der männlichen Jugendlichen im Alter von 11 bis 17 Jahren unzureichend körperlich aktiv sind. Die vermehrten Verweilzeiten in der digitalen Welt nehmen den Kindern die Zeit für die elementaren Lebenserfahrungen in der realen Welt. 

Es braucht Akteure, Netzwerke und Sportstätten vor Ort, in den jeweiligen Lebensräumen von Familien, Kindertagesstätten, Schulen, Sportvereinen und der Kommune. Unsere Sportvereine übernehmen dabei mit ihrem Sportangebot für Kinder und Jugendliche eine sehr wichtige gesellschaftliche Rolle in deren Entwicklung.

Der Sport in Ravensburg

Der Sportverband Ravensburg wurde 1950 gegründet und umfasst heute 47 Sportvereine mit über 25 000 Mitgliedern. Der Sportverband ist die mitgliederstärkste Gemeinschaft der Stadt und die größte Bürgerbewegung in Ravensburg. 1500 Menschen engagieren sich und leisten jährlich 200 000 Stunden ehrenamtlicher Arbeit. Das Ehrenamt ist und bleibt das Herz der Vereine und des Sports in Ravensburg.

Unsere Grundsätze lauten:

  • Sport ist ein wichtiger Standortfaktor, ist regionaler und überregionaler Werbeträger für die Stadt.
  • Sport prägt die lebenslange Entwicklung von Menschen, vor allem durch das soziale Miteinander, durch Gewinnen und Verlieren.
  • Sport ist ein wichtiger Gesundheitsfaktor, von der prägenden Jugend bis ins hohe Alter.
  • Sport ist Integrations- und Inklusionsfaktor und ermöglicht soziale Verantwortung.

Unsere Ziele 

Unser großes Ziel ist die Bewältigung der Bewegungs- und Gesundheitskrise vor allem bei Kindern und Jugendlichen. Daher setzt der Sportverband Ravensburg sich für mehr Kinder- und Jugendgesundheit, zum Beispiel bei der frühkindlichen Bildung und der Ausgestaltung der Ganztagesgrundschule ein. 

Wir fordern:

  • Sportvereine sind wichtige Bildungspartner für die Schule und die Kindertagesstätten. Sie brauchen gut ausgebildete Übungsleiterinnen und Übungsleiter, insbesondere im Kinder- und Jugendbereich. Dafür sind Fortbildungsangebote, auch dezentral, notwendig.
  • Sport und Bewegung müssen intensiver in die Lehrpläne der Schulen integriert werden, deshalb brauchen wir mehr Grundschulen mit Schwerpunkt Sport, qualifizierte Lehrkräfte und mehr Verständnis für Sport als Bildungsaufgabe.
  • Die Umsetzung des Rechtsanspruches auf Betreuung in den Grundschulen in Zusammenarbeit mit dem organisierten Sport.
  • Die Bewältigung der Herausforderungen durch den demographischen Wandel.
  • Die Integration geflüchteter Menschen.
  • Die Teilhabe aller sozialen Schichten und die Unterstützung Bedürftiger.
  • Die Anpassung der Sport-Förderrichtlinien an die geänderten Rahmenbedingungen der Sportvereine.
  • Das Ehrenamt als Herz der Vereine muss wertgeschätzt werden. Deshalb unterstützen wir die Einführung der Ehrenamtskarte in Baden-Württemberg.

Unsere Sportstätten

Nur eine gute Infrastruktur der Sportstätten kann ein attraktives Sportangebot gewährleisten und dem Anspruch „Sportstadt“ gerecht werden. Hier gibt es auch in Ravensburg noch deutlichen Entwicklungsbedarf.
Vorhandene Infrastruktur soll erhalten und weiterentwickelt werden, bei Bedarf müssen neue und zukunftsfähige Anlagen erstellt werden. Dazu müssen Mittel bereit gestellt werden.
Auch die energetische Transformation unserer Sportstätten müssen wir mit Nachdruck angehen, um energieautarker und damit unabhängiger zu werden. Nur so können die Vereine langfristig moderate Vereinsbeiträge anbieten. Dazu braucht es auch Förderprogramme des Bundes, des Landes und der Kommunen. Zudem wird sich der Sportverband Ravensburg der N-Charta Sport des WLSB anschließen und ein entsprechendes, schrittweise angelegtes Nachhaltigkeitskonzept für unseren Verband und die Vereine erstellen.

Im Dialog mit

Karlheinz Beck

Welche Möglichkeiten hat ein Sportverband, seinen Forderungen Gehör zu verschaffen?

Der Sportverband stellt in seiner Leistungsbilanz die Sportvereine in Ravensburg mit Daten, Zahlen und Fakten in regelmäßigen Abständen der Politik und der Öffentlichkeit vor. Wir bieten dadurch wichtige Einblicke in die enorme Leistung unserer 47 Sportvereine. Dies ist wichtig, denn erkennbar wird die Leistung nur, wenn sie mit Daten und Fakten hinterlegt ist. Die in der Leistungsbilanz dargestellten Fakten zeigen, welche lebensgestaltende und prägende Wirkung von der größten Bürgerbewegung in unserer Stadt, dem Sport ausgeht.

Die weitere Möglichkeit, sich Gehör zu verschaffen, ist unser Sportstrategisches Papier. Hier zeigt der Sportverband die Leistungen der
Ravensburger Sportvereine der Verwaltung, dem Gemeinderat und der Öffentlichkeit auf. Gleichzeitig weisen wir aber auch auf wichtige Handlungsfelder und die in einer Bedarfsanalyse auf die wichtigsten Investitions- und Sanierungsbedarfe hin. Wir arbeiten sehr eng mit der Sportverwaltung zusammen, führen zum Beispiel regelmäßig mit dem Oberbürgermeister „Sportstrategische Gespräche“. Der Sportverband hat ein Anhörungsrecht in allen Belangen der Sportförderung und ist bei Sportthemen immer zu beteiligen, bevor im Gemeinderat abschließende Entscheidungen getroffen werden. Es ist anerkannt, dass der Sportverband als gewählter Dachverband aller Ravensburger Sportvereine die Belange des Sports gegenüber Politik und allen staatlichen und kommunalen Organen vertritt.

Wie kann der Sportverband Ravensburg zwischen den Interessen seiner Mitgliedsvereine und dem Haushalt der Stadt vermitteln?

Dadurch, dass wir in allen Belangen des Sports als Dachverband der Ravensburger Sportvereine ein Anhörungs- und Beteiligungsrecht haben. Außerdem haben wir darauf geachtet, dass wir im Vorstand des Sportverbandes eine gute Mischung der Vereinslandschaft abbilden. Einmal im Jahr stellen wir uns unseren Mitgliedsvereinen bei der Mitgliederversammlung. Dort werden Themen zur Diskussion gestellt und demokratisch abgestimmt.

Wir arbeiten sehr eng mit der Sportverwaltung zusammen, führen zum Beispiel regelmäßig mit dem Oberbürgermeister „Sportstrategische Gespräche“. Der Sportverband hat ein Anhörungsrecht in allen Belangen der Sportförderung und ist bei Sportthemen immer zu beteiligen, bevor im Gemeinderat abschließende Entscheidungen getroffen werden.

Karlheinz Beck, Vorstand Geschäftsführung TSB Ravensburg

Welche Art von Sportstätten halten Sie angesichts der Individualisierung des Sports und des finanziellen und ökologischen Drucks für zukunftsfähig? Welcher Sport, welche Sportanlage ist für die integrativen und die demografischen Angebote am besten geeignet?

Der TSB Ravensburg hat am 11.02.2023 mit der neuen Freilufthalle des WLSB-Partners McArena ein zukunftsweisendes Projekt umgesetzt.
Durch die vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten der TWS-Arena profitieren Mannschaftssportarten genauso wie die Gesundheitssportler oder die Schulen. Zudem schützt die Halle das Klima, weil sie nicht beheizt werden muss und die Photovoltaikanlage auf dem Dach produziert grünen Strom. Mit dieser neuen Halle im Sportzentrum Ravensburg ist eine Sportstätte entstanden, die sowohl aus finanziellen als auch ökologischen Aspekten zukunftsfähig und außerdem sehr vielfältig nutzbar ist und genutzt wird. 

Den zweiten Teil der Frage kann ich nicht so eindeutig beantworten. Unstrittig ist, dass in den Sportstätten landauf, landab ein großer Sanierungsstau besteht und die Infrastruktur mit den steigenden Mitgliederzahlen in den Sportvereinen nicht entsprechend mitwächst, so auch in Ravensburg. Dabei braucht es für den klassischen Mannschaftssport selbstverständlich normgerechte Sporthallen, aber aufgrund der demografischen Entwicklung genügen zum Beispiel im Gesundheitssport sowie beim Sport für Ältere auch kleinere Sporträume.

Ein gutes Beispiel für integrativen Sport ist der Street-Workout-Park im Sportzentrum Ravensburg. Dieser Fitness-Parkour ist für Jedermann frei zugänglich. Hier treffen sich von früh bis spät Jung und Alt.

Können Sie eine Sportanlage oder Typus nennen, die diese Kriterien erfüllt?

In Ravensburg ganz sicher unsere Freilufthalle, die TWS-Arena, im Sportzentrum. Unser größter Verein, der DAV, Sektion Ravensburg plant ein neues Vereins- und Kletterzentrum als Heimat für die Bergsportler, Kletterer und Triathleten in Ravensburg, das angemessene Entwicklungsmöglichkeiten für die Zukunft bieten wird. Ein integratives Projekt für alle Altersgruppen, Familien und die zunehmend schneller wachsenden Jugendgruppen. Kosten ca. sieben bis acht Millionen Euro.

Karlheinz Beck
Vorstand Geschäftsführung
TSB Ravensburg

 

Beruflicher Hintergrund:

  • Seit 1991 bei der Stadt Ravensburg beschäftigt, von 2002 bis 31.03.2021 als Leiter des Amtes für Schulen, Jugend, Sport und Städtepartnerschaften. In dieser Zeit war er auch stellvertretender Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Schulverwaltungsämter beim Städtetag Baden-Württemberg.  

Ehrenamtliche Funktionen:

  • Sein Heimatverein ist der TSB Ravensburg, wo er als Vorstand Geschäftsführung ehrenamtlich tätig ist. 
  • Seit 2004 ist er beim Sportkreis Ravensburg ehrenamtlich tätig, zunächst in der Sportkreisjugend, ab 2011 als Sportkreisvizepräsident unter Prof. Paul Hempfer, seit März 2018 als Präsident. 
  • Seit 1991 ehrenamtlicher Geschäftsführer des Sportverbandes Ravensburg und seit 2021 Vorsitzender des Sportverbandes RV. 

Sonstiges:

  • Aus der Leichtathletik kommend, war er einige Jahre im Leistungssport unterwegs und ist für die Stuttgarter Kickers gestartet.
  • Ehrenamtlich war er in der Leichtathletik als Übungsleiter, Bezirkssportwart Oberschwaben und als Vizepräsident der Int. Bodenseeleichtathletik tätig.
  • Seit 33 Jahren ist er für Ravensburg Läuft mitverantwortlich, ein Altstadtlauf mit ca. 2800 Teilnehmern.
  • Während seiner beruflichen Tätigkeit bei der Stadt Ravensburg war er als Amtsleiter für zwei Landeskinderturnfeste verantwortlich. 2018 für den ersten Sportentwicklungsplan der Stadt Ravensburg.